A. I. L. VORWORT Die vorliegende Arbeit ist aus Vorträgen entstanden, welche der Verfasser am,,Jüdischen Pädagogium" in Wien über die zionistische Bewegung gehalten hat. Sie will nicht mehr geben, als einen kurzen Überblick über die Entwicklung des modernen Zionismus, angefangen von seiner Entstehung bis zur Gegenwart. An einem solchen hat es bisher gefehlt, ein Mangel, der sich bei dem heutigen Stande der Bewegung sehr unangenehm fühlbar gemacht hat. Diese Tatsache rechtfertigt die Herausgabe der vorliegenden Arbeit, trotz der Bedenken, die ihr entgegenstehen. Diese liegen vor allem darin, daß es unmöglich ist, daß bei dem mangelhaften Zustand der Quellen und bei der Vielfältigkeit der Gebiete, auf die sich der dargestellte Gegenstand erstreckt, ein einzelner Verfasser über alle Teilerscheinungen der Bewegung ein vollkommen zutreffendes Urteil haben könnte. Zudem ist es einem Autor, der selbst in der Bewegung mitwirkend tätig ist, unmöglich, von seinem subjektiven Standpunkt völlig zu abstrahieren. Vielleicht hat aber dafür das Bild durch die Darstellung, wie sich die Gesamtbewegung in einem bestimmten Bewußtsein spiegelt, an Einheitlichkeit gewonnen, Entsprechend der Art der Entstehung der Arbeit aus in sich abgeschlossenen Vorträgen und der des Stoffes, der als ein Kontinuierliches, Ineinandergreifendes, sich schwer auseinanderlegen läßt, hat der Verfasser versucht, eine Methode anzuwenden, die historisch-pragmatische mit analytisch-kritischer Darstellung kombiniert. Dabei ließen sich Wiederholungen, sogar mehrfache, nicht vermeiden, da die einzelnen Elemente der Bewegung in verschiedene Zusammenhänge gehören, die sich nicht restlos auseinanderlegen lassen. Der Verfasser hat sich bemüht, die Grundlinien der Entwicklung des Zionismus herauszuarbeiten, Daten und Namen sind nur im unbedingt notwendigen Ausmaß gegeben. Die Arbeit ist daher keine Geschichte des Zionismus", sondern nur eine knappe Übersicht über sein Wesen und Werden. Von einer Quellenangabe wurde abgesehen, da eine solche zu umfangreich geworden wäre. Es sind nur einige der wichtigsten Bücher genannt. Der vorliegende erste Teil reicht bis zum Tode Theodor Herzls. Der in Kürze nachfolgende zweite Teil wird die Entwicklung der Bewegung von diesem Zeitpunkt an bis zur Gegenwart schildern. Trotz der Einhaltung einer chronologischen Darstellung ist, entsprechend der Natur des Gegenstandes, die Verteilung des Stoffes so vorgenommen worden, daß Entwicklungen, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, immer nur dort eingehendere Behandlung finden, wo sie einen bestimmenden Einfluß auf die Gesamtbewegung erlangt haben. So sind z. B. der Diasporanationalismus, der Poalezionismus u. a. m. in diesem Teile nur angedeutet worden, da sie erst nach dem Tode Herzls stärkere Wirkungen ausgelöst haben. Während der Herzl'schen Epoche stand die Bewegung vollkommen unter seinem Banne. Es mußte daher in der Darstellung alles, was zu jener Zeit noch keinen bestimmenden Einfluß gewonnen hatte, in den Hintergrund treten, da sonst kein plastisches Bild davon zustande gekommen wäre, wie sich die Bewegung in den Köpfen ihrer Anhänger gemalt hat. Eine ausführlichere Beleuchtung der in diesem Teil nur angedeuteten Erscheinungen, werden an der geeigneten Stelle im zweiten Teil zu finden sein. Wien, im März 1920. Der Verfasser. |